Sechs Tipps für die Wahl des richtigen Lokalisierungsanbieters
Wenn Sie für ein großes Unternehmen Lokalisierungsservices beschaffen, suchen Sie wahrscheinlich nach einem Sprachdienstleister (LSP), der sich um die damit verbundenen Volumina, Sprachen und Fristen kümmern kann.
Anfragen, oft auch Request for Information (RFI) genannt, haben allerdings ihre Tücken. Außerdem ist die Auswahl an potenziellen Anbietern unüberschaubar groß. Deshalb haben wir sechs Tipps zusammengestellt, die Ihnen bei der Beschaffung von Lokalisierungsservices für multinationale Unternehmen helfen sollen.
1. Unternehmenskultur: Treffen Sie die Personen, mit denen Sie zusammenarbeiten werden
Eine gute Zusammenarbeit muss auf jeden Fall sichergestellt sein, doch die Unternehmenskultur beim Lokalisierungsanbieter lässt sich unter Umständen nicht aus der Interaktion mit den Mitarbeitern ableiten, die sich um Ihre Anfrage kümmern.
Wenn Sie sich einen realistischen Eindruck vom Lieferanten verschaffen möchten, müssen Sie die Menschen kennenlernen, mit denen Sie tagtäglich in Kontakt stehen werden: die Projektmanager und Produktionsleiter.
Fragen Sie:
- Wo arbeiten die Personen, mit denen ich in Kontakt sein werde?
- Wie kommunizieren sie?
- Welche Schulungen und Qualifikationen haben sie absolviert bzw. erlangt?
- Woher weiß ich, dass sie die angeforderten Leistungen umsetzen können?
2. Qualität: Mehrwert an der richtigen Stelle suchen
Einkäufer fragen gern nach einer Probeübersetzung, um die Qualität des potenziellen Lieferanten einzuschätzen. Leider ist die Übersetzungsqualität einer Probeübersetzung kein zuverlässiges Kriterium, da sie in der Phase des RFI nicht unbedingt die tatsächlichen Prozesse beim Anbieter widerspiegeln.
Ein Unternehmen, das unbedingt den Zuschlag erhalten möchte, wird den zur Probe ausgewählten Text (oder mehrere) mit großer Sicherheit von seinen besten Leuten übersetzen und Korrektur lesen lassen. Ob diese allerdings auch später Teil des für Sie eingesetzten Teams sein werden, ist zumindest fraglich. Dementsprechend können die meisten Sprachdienstleister in diesem Szenario hohe Qualität liefern.
Doch wie ist es bei einer anderen Sprache? Oder einem anderen Sachgebiet?
Wenn Sie in beiden Kategorien nur einen eng gesteckten Bedarf haben, kann eine Probeübersetzung jedoch ein durchaus sinnvolles Mittel sein. Doch für große Unternehmen ist die Vielzahl aller möglichen Varianten in der Regel schlicht unüberschaubar – und selbst wenn sich die Varianten überschauen ließen, wäre es völlig praxisfern, sie alle durchzutesten.
Besser lassen sich Angebote durch die Frage nach den Service Levels beurteilen, die der Sprachdienstleister bietet.
Fragen Sie:
- Wie werden die besten Lokalisierungsressourcen für mein Projekt ausgewählt und geprüft?
- Was umfasst das Projektmanagement?
- Wie soll die richtige Mischung aus Schnelligkeit, Qualität und Kostenkontrolle für unterschiedliche Aufträge erreicht werden?
- Welche wertschöpfenden Services werden neben der Übersetzung noch angeboten?
- Wie bleibt das Unternehmen innovativ?
3. Stabilität: der Nutzen einer langfristigen Partnerschaft
Je besser Sie und Ihr Sprachdienstleister die Prozesse und Anforderungen des jeweils Anderen im Lauf der Zeit kennenlernen, desto wertvoller wird die Beziehung. Wer seine Lieferanten allerdings häufig wechseln muss, für den ist der Aufbau einer solchen Beziehung weder finanziell noch strategisch ratsam.
Wenn Sie in der Ausschreibung Wert auf Stabilität legen, kann es sinnvoll sein, die finanzielle Stabilität des Lokalisierungsanbieter zu prüfen und nachzuforschen, ob er in langfristige Lösungen investiert.
Fragen Sie:
- Ist das Unternehmen finanziell gesund?
- Wie lange dauern seine Kundenbeziehungen im Schnitt an?
- Nimmt es nur Einzelaufträge an oder bietet es auch längerfristige Formen der Zusammenarbeit?
- Wie etabliert ist es in der Übersetzungsbranche?
4. Größe: zur richtigen Zeit am richtigen Ort?
Ein multinationales Unternehmen profitiert von einem Lokalisierungsanbieter mit Niederlassungen in Kundennähe. Dies erleichtert nicht nur die Beziehungspflege, sondern ermöglicht auch Skaleneffekte, die sich bei Anbietern mit geringerer globaler Präsenz nun einmal nicht einstellen.
Erfordert ein Auftrag sofortige Aufmerksamkeit, werden Sie höchstwahrscheinlich jemanden dazu erreichen können – unabhängig davon, wann das Problem auftritt. Und falls Sie große Volumina an zu übersetzenden Dokumenten erwarten, sollte der ausgewählte Anbieter in der Lage sein, die Arbeit anhand mehrerer Produktionsstandorte termingerecht zu erledigen. Dieses Geschäftsmodell wird mitunter auch sehr bildlich „Follow-the-Sun-Modell“ genannt.
Fragen Sie:
- Hat das Unternehmen Niederlassungen in für mich relevanten Ländern?
- Kann es die Arbeit zeitzonenübergreifend erledigen und somit kurze Durchlaufzeiten bieten?
- Wo ist mein Hauptansprechpartner ansässig?
- Welche Zeitzonen deckt das Unternehmen ab?
5. Technologie: nicht von Eigenmarken blenden lassen
Zahlreiche Lokalisierungsanbieter nutzen ihre Übersetzungstechnologie als Alleinstellungsmerkmal. Häufig wird sie als proprietär beworben, als ob das Exklusivität bedeuten würde. Tatsächlich bieten die meisten dieser Eigenlösungen keine einzigartigen Vorteile gegenüber Drittsoftware, die allgemein erhältlich ist. Zudem ist nicht gesichert, dass diese unternehmenseigenen Tools mit Ihnen „mitwachsen“, und Sie sind an den Anbieter gebunden. Wenn Sie wegen veränderter Anforderungen oder bei einem Anbieterwechsel auf ein anderes Tool umsteigen müssen, kann das Probleme bereiten.
Natürlich hat jede Lösung bestimmte Stärken und Schwächen, allerdings ist eine neutrale Beratung zur besten Option für Ihr Unternehmen am ehesten von einem Anbieter zu erwarten, der keine eigene Technologie vermarkten muss.
Fragen Sie:
- Wie hilft mir das Unternehmen bei der Technologieauswahl?
- Bietet es Anpassungen und Integrationen an?
- Ist es objektiv in Bezug auf die für mich optimale Technologie?
- Welchen Mehrwert bieten seine Technologiebereitstellungen?
6. Kosten: billig ist nicht günstig
Unvermeidlicherweise ist der Preis ein Hauptkriterium bei der Angebotsauswertung, doch das nützlichste Kriterium ist er nicht.
Die Grundvoraussetzung lautet: Stellen Sie sicher, dass Sie nicht Äpfel und Birnen vergleichen. Achten Sie also darauf, ob sich die Preisgestaltung der Lieferanten beispielsweise auf erfahrene Profis oder auf maschinelle Übersetzung mit Post-Editing bezieht.
Wenn Content sorgfältig für andere Länder, Kulturen und Sprachen lokalisiert werden soll, wird maschinelle Übersetzung dem qualitativ möglicherweise nicht gerecht werden, allerdings ist sie kostengünstiger. Ein sehr geringer Preis geht in der Regel auch mit einem komplett anderen Service- und Qualitätsniveau einher.
Allein nach dem Wortpreis zu gehen, ist auch dahingehend problematisch, dass darin eventuell kein Projektmanagement oder keine Kosten für das Engineering, Testen und sonstige Lokalisierungsaufgaben enthalten sind. Für viele dieser Services sollten Stundenpreise angesetzt sein, während das Projektmanagement häufig als prozentualer Anteil an den Gesamtkosten des Projekts abgerechnet wird.
Fragen Sie:
- Beziehen sich die Wortpreise auf manuelle oder maschinelle Übersetzung?
- Welches Service Level ist im Preis enthalten?
- Wie hoch sind die Preise für Tests, Engineering und sonstige Lokalisierungsaufgaben?
Die Beschaffung von Lokalisierungsservices kann für globale Unternehmen zum Minenfeld werden. Ihre Projekte umfassen viel mehr Variablen als die bei kleineren Unternehmen. Doch etwas mehr Planung in der Phase der Anfrage kann sich später in der Beziehung zum neuen Anbieter wirklich bezahlt machen. Wenn Ihr international agierendes Unternehmen bereit für einen Lokalisierungsservice-Anbieter ist, würden wir gern Ihre Projektanforderungen erfahren.