Vier Fragen, die ihnen helfen die richtige Technologie für Ihre Lokalisierung zu wählen
06. Okt. 2020
„Welche technischen Hilfsmittel benötige ich, um meine Lokalisierungsprojekte effizienter zu gestalten?“
Diese Frage stellen sich viele global agierende Unternehmen, die neu in die Lokalisierung einsteigen. Allerdings ist die Frage etwas zu allgemein formuliert. Es gibt zahllose Hilfsmittel, die Lokalisierungsprojekte verbessern können, doch zuerst muss feststehen, was genau verbessert werden soll. Für den Anfang ist es daher hilfreich, konkretere Fragen zu den Problembereichen zu stellen, die mit Lokalisierungstechnologie gelöst werden sollen.
Genau diese Fragen wollen wir uns im Folgenden näher ansehen. In diesem Beitrag erfahren Sie zunächst, wie (unserer Meinung nach) ein „Startpaket“ aus grundlegenden Lokalisierungs-Tools aussehen sollte, bevor wir uns den neuesten technischen Entwicklungen zuwenden.
Um die Thematik in den richtigen Zusammenhang einzuordnen, sei eingangs auf die Mutter aller Lokalisierungs-Tools verwiesen: das Translation-Management-System (TMS). Das TMS führt sämtliche Tools, die Unternehmen zum Verwalten ihrer Übersetzungen anwenden, in einer Plattform zusammen. Es ist somit das Fundament für alle weiteren Technologien, weshalb Auswahl und Kauf eines TMS vorab reiflicher Überlegung bedürfen. (Eine Auswahlhilfe bietet Ihnen dieses E-Book.)
Alle Lokalisierungstechnologien am Markt – darunter einige TMS-Komponenten – lassen sich in eine der drei folgenden Kategorien einordnen:
- Tools für die computerunterstützte Übersetzung (Computer-Assisted Translation, CAT)
- Tools für die maschinelle Übersetzung (Machine Translation, MT)
- Tools für die linguistische Qualitätssicherung (Linguistic Quality Assurance, LQA)
Problem 1: Wie können wir Übersetzungen konsistenter gestalten?
Diese Frage ließe sich noch genauer aufschlüsseln: Wie können wir Übersetzern frühere Übersetzungen zur Wiederverwendung bereitstellen? Oder wie stellen wir sicher, dass Übersetzer den richtigen Kontext und alle nötigen Informationen zur Verfügung haben? Hierfür benötigen Sie CAT-Tools, das Herzstück jedes TMS. Im Einzelnen umfassen CAT-Tools drei Funktionen, die Ihnen weiterhelfen können:- Translation Memory (TM): Ein TM ist eine Datenbank bereits fertiggestellter Übersetzungen, auf die der Übersetzer zugreifen kann. Stößt er beim Übersetzen auf Segmente, die in früherem Content schon einmal in identischer oder ähnlicher Form vorkamen, kann er diese einfach wiederverwenden, ohne das Rad neu erfinden zu müssen.
- Terminologiedatenbank: In Ihrem Content stecken wahrscheinlich nicht nur Wiederholungen, sondern auch branchenübliche Fachbegriffe. Die meisten CAT-Tools umfassen eine Terminologiedatenbank, kurz auch „Termbank“ genannt, in denen die Begriffe mit ihren Übersetzungen, weiteren Metadaten und Informationen zum richtigen Gebrauch gespeichert werden können.
- Visueller Kontext, auch als „kontextbezogene Review“ oder „Review im Kontext“ bekannt, ist für einige, aber nicht alle Dateitypen und/oder CAT-Bereitstellungen verfügbar. Wenn vorhanden, sehen Übersetzer während der Arbeit das Layout, in dem der Content später veröffentlicht wird.
Problem 2: Wie können wir das Erstellen mehrsprachigen Contents beschleunigen?
Automatisierungs-Tools können Übersetzern dabei helfen, schneller zu arbeiten, müssen aber sorgfältig eingesetzt werden, wenn Sie Content schnell und in hoher Qualität erstellen möchten. In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick auf die TMS-Komponenten, mit denen Sie Workflows automatisieren können. Da wäre erneut das Translation Memory (TM), das frühere Übersetzungen beinhaltet. Angenommen, Sie überarbeiten punktuell ein Produkthandbuch, das schon einmal übersetzt wurde. Ein großer Teil des Handbuchs dürfte dann automatisch aus dem TM kommen, was den manuellen Arbeitsaufwand erheblich reduziert. Eine weitere Option, die möglicherweise für den noch nicht im TM enthaltenen Content infrage kommt, ist die maschinelle Übersetzung (MT). MT-Engines wie Google Übersetzer können Texte eigenständig – also ohne menschliches Zutun – in andere Sprachen übertragen. Auf dem aktuellen Entwicklungsstand ist die MT für einfachen, informationslastigen Content wie Artikel der Wissensdatenbank, Gebrauchsanleitungen und Kunden-Chatbots geeignet. Sofern der Content nicht bloß für die vorübergehende Nutzung zu internen Zwecken gedacht ist, bietet sich in der Regel ein hybrider Ansatz an, d. h., die MT wird durch ein manuelles Post-Editing ergänzt. (Für kundenorientierten Content mit hohem emotionalem Gehalt dürfte es hingegen vorerst ratsam sein, auf MT zu verzichten.) TMs und MT bieten übrigens nicht nur Effizienzvorteile. Sie dienen oft auch als Inspirationsquelle. Anhand früherer Übersetzungen können sich Übersetzer einen Eindruck davon verschaffen, welche Stilerwartungen und sonstigen Präferenzen der Kunde hat. Was hilft Übersetzern eher weiter: TMs oder MT? Mehr darüber erfahren Sie in dem Beitrag über die Abwägung zwischen Fuzzy Matches und MT von Jon Ritzdorf.Problem 3: Woher wissen wir, ob der Übersetzer gute Arbeit geleistet hat?
Hier kommt die dritte Kategorie der oben genannten Lokalisierungstechnologien ins Spiel: LQA-Tools. Tools dieser Art zeigen einfache Probleme an, die ein menschlicher Reviewer dann beheben kann, zum Beispiel Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler, uneinheitliche Groß- und Kleinschreibung, überflüssige Leerzeichen und falsch verwendete Termini. LQA-Tools beschleunigen die Arbeit und helfen bei der Beseitigung von Faselfehlern. Die finale Bearbeitung obliegt jedoch immer noch dem Menschen, da die Technik (noch) nicht perfekt ist und nach wie vor ihre Schwächen hat – darunter auch Fehlalarme. Sie können auch individuelle, regelbasierte LQA-Tools einrichten, die im Zielmarkt potenziell problematische Formulierungen erkennen – dies könnten etwa geopolitische Aussagen sein, bei denen strittige Territorialfragen zur Sprache kommen. Auf diese Weise lassen sich kulturelle Fettnäpfchen umgehen, die für Ihre Marke schwerwiegende Folgen haben könnten. LQA-Tools können auch in ein TMS integriert werden, sodass Linguisten innerhalb ihrer Übersetzungsumgebung darauf zugreifen können.Problem 4: Wie können wir schnell und kostengünstig die Marktfähigkeit testen?
Für ein Unternehmen, das sein Geschäft in Europa ausdehnen möchte, ist das wirtschaftlich arg gebeutelte Griechenland vielleicht nicht das vorrangigste Investitionsziel. Dies heißt jedoch nicht, dass Griechenland überhaupt nicht lohnenswert wäre. Wenn Sie also das Interesse von Konsumenten in neuen Märkten wie diesem wecken möchten, könnten Sie auf eine Kombination aus MT und Crowdsourcing setzen. Crowdsourcing-Plattformen (in die mitunter auch CAT-Tools eingebettet sind) bieten meist Übersetzungen zu niedrigeren Kosten – das Investitionsrisiko fällt hier also etwas geringer aus. Der Content wird zunächst maschinell übersetzt. Anschließend können Sie über Crowdsourcing-Plattformen – wo Gruppen von Übersetzern bereitstehen, die alle gleichzeitig an kleinen Abschnitten Ihres Projekts arbeiten – auf mehrere Muttersprachler zurückgreifen, die Verbesserungen für den maschinell übersetzten Content vorschlagen. So sparen Sie sich den Einsatz professioneller Post-Editoren, die höhere Preise verlangen (allerdings auch zuverlässigere Ergebnisse liefern). Die Gefahr dabei: Das Ergebnis aus der Crowd ist möglicherweise inkonsistent und erfüllt nicht die höchsten Qualitätsansprüche. In Märkten, in denen für Ihre Marke wenig auf dem Spiel steht, ist das jedoch besser als nichts. In einem großen Markt sollten Sie auf derlei Experimente lieber verzichten.Technologie der nächsten Generation
Künstliche Intelligenz (KI) ist heutzutage in aller Munde – das gilt für die Lokalisierungsbranche genauso wie für alle anderen Branchen. Die oben vorgestellten technischen Hilfsmittel erleichtern Ihnen den Einstieg, doch je weiter Ihre Lokalisierungsprojekte voranschreiten, desto häufiger sehen Sie sich wahrscheinlich Fragen gegenüber, die sich nur mit KI-gestützten Lösungen beantworten lassen. Nachfolgend einige Beispiele:- Wie vermitteln wir Aufträge an die am besten geeigneten Übersetzer? (Die sich stetig weiterentwickelnden Crowdsourcing-Plattformen könnten diesen Prozess automatisieren.)
- Wie überwachen und verwalten wir die Kosten vieler kleiner Prozesse? (KI kann bei der Gestaltung aussagekräftiger Dashboards hilfreich sein.)
- Wie können wir mehrsprachigen Content einer Sentimentanalyse unterziehen? (Google hat zur Klassifizierung und Analyse natürlicher Sprache Tools wie die Natural Language API entwickelt.)
- Wie können wir stark kundenorientierten Content maschinell übersetzen? (Hierfür zeichnet sich noch keine Lösung ab. Es heißt also, abzuwarten, ob die MT diese Aufgabe irgendwann bewältigen kann.)