Im amerikanischen Englisch gibt es nur wenige Ausdrücke, die bei Briten wirklich für Stirnrunzeln sorgen. Dies ist der weltweiten Verbreitung amerikanischer Popkultur zu verdanken: Musik, Filme und Fernsehen finden auf der Insel auf der dieser Seite des Atlantiks ein großes Echo. Dies gilt sogar für Sportmetaphern, obwohl die meisten Briten nur wenig über US-Sportarten wissen. Warum also sollte man sich die Mühe machen, Content sowohl im amerikanischen als auch im britischen Englisch bereitzustellen, wenn die Sprachvarianten doch auf praktisch keine Verständnisbarrieren treffen?
Was ist „richtiges“ Englisch?
Einer stereotypen Vorstellung zufolge zeigen Briten selten emotionale Erregung, doch tatsächlich ist man im Vereinigten Königreich sehr stolz auf die englische Sprache. Kommen Briten und Amerikaner zusammen, dauert es meist nicht lange, bis (in der Regel) nicht ganz ernst gemeint darüber gestritten wird, was denn nun „richtiges“ Englisch sei. Briten verweisen dann gern darauf, dass Englisch ja auf ihrer Insel „erfunden“ worden sei, während Amerikaner betonen, dass ihre Variante eine viel „logischere“ Orthografie habe. Auch die globale Bedeutung des US-Englisch und der amerikanischen Kultur wird häufig als Argument angeführt.
In privater Umgebung dienen solche Unterschiede oft als scherzhafter Gesprächseinstieg, in der Geschäftswelt hingegen können sie durchaus negative Konsequenzen haben, denn Kunden merken schnell, ob eine Website auf sie und ihre Erwartungen zugeschnitten wurde oder nicht. Dabei spielt es dann auch keine Rolle, dass die englischen Dialekte Schottlands oder Nordenglands weiter von der Sprache der Queen entfernt sind als das Englisch, das man in Brooklyn (oder gar Queens) spricht. Viele britische Verbraucher wissen diese Würdigung ihrer Identität zu schätzen, wenn unter den Sprachoptionen einer Website neben der US-Flagge auch der Union Jack erscheint.
Anpassung in beide Richtungen
Dass britisches Englisch für ein amerikanisches Publikum aufbereitet wird, ist längst gang und gäbe. So war die britische Fernsehserie „The Office“ – im Deutschen als „Stromberg“ adaptiert – vor allem deshalb erfolgreich, weil darin viele Slangausdrücke und popkulturelle Anspielungen von der Insel vorkamen. Für das amerikanische Fernsehen mussten die Drehbücher jedoch fast vollständig umgeschrieben werden. Nach gründlicher Überarbeitung funktionierten Inhalt und Humor der Serie auch in den USA sehr gut. Briten zeigten sich angesichts der amerikanischen Adaption dagegen eher irritiert. Umgekehrt schien eine britische Version etwa von „Friends“ oder „South Park“ völlig überflüssig, ja sogar absurd, denn das amerikanische Englisch und die amerikanische Popkultur sind in Großbritannien fast jedem geläufig.
Dasselbe gilt für Online-Content. Wenn britische Kunden ein Häkchen in ein Kontrollkästchen setzen, um die Geschäftsbedingungen zu akzeptieren, verwenden sie dafür zwar das Wort „tick“, aber niemand wird sich wundern, wenn er stattdessen „check“ liest. Das unterschiedliche Vokabular ist hier nicht der ausschlaggebend – viele klassische Unterschiede zwischen dem amerikanischen und britischen Englisch verschwimmen ohnehin zusehends, da immer mehr Online-Content über den Großen Teich schwappt. Die Aufbereitung von Content für ein britisches Zielpublikum ist folglich weniger eine Frage der sprachlichen Notwendigkeit als vielmehr ein Zeichen der Anerkennung der kulturellen Differenz und der Wertschätzung gegenüber britischen Kunden.
Mitunter ist eine Anpassung unumgänglich
Wenigstens in einem Bereichen stößt die gegenseitige sprachliche Verständlichkeit dann aber doch an Grenzen: Kochrezepte und Kulinarisches. Die meisten Briten, die auf amerikanischen Websites nach Kochanregungen suchen, wissen mit Maßeinheiten wie Cup nichts anzufangen. Auch typisch amerikanische Bezeichnungen für Küchengerätschaften wie „broiler“ (Bratrost) oder „skillet“ (Bratpfanne) sind in Großbritannien weitgehend unbekannt. Diese Beispiele verweisen auf einen der Hauptgründe, warum eine Content-Anpassung an den britischen Markt sinnvoll ist: die Optimierung von Suchmaschinenergebnissen. Wer im Vereinigten Königreich (oder englischsprachigen Kunden anderswo in Europa) Kochgeschirr verkaufen will, sollte wissen, dass Kunden eher nach „frying pan“, „slow cooker“ und „cling film“ als nach „skillet“, „crock pot“ und „plastic wrap“ suchen, wenn sie eine Bratpfanne, einen Schongarer bzw. Frischhaltefolie benötigen. Wer also die britischen Entsprechungen kennt und in seinen nach SEO-Prinzipien aufbereiteten Content einbaut, erhöht das Ranking seiner Website in Großbritannien.
Beispiele für Unternehmen, die ihrer britischen Kundschaft mit solchen subtilen Anpassungen entgegengekommen sind, gibt es viele. Amazons Einkaufswagen heißt in den USA „cart“, im Vereinigten Königreich aber „basket“. Außer-Haus-Lokale, Tankstellen und Parkplätze werden amerikanischen Google Maps-Nutzern als „takeout“, „gas station“ und „parking lot“ angezeigt, britischen Nutzern dagegen als „takeaway“, „petrol station“ und „parking“. Und die Landing-Page von eBay mag überall ähnlich aussehen, unterscheidet sich aber sprachlich: Briten finden in der Elektronik-Kategorie „mobile phones“, Amerikaner dagegen „cell phones“. Im Haus-und-Garten-Segment wird Briten Zubehör für den „garden“ angeboten, Amerikanern allerlei Gerätschaften für den „backyard“.
Wie sieht die Zukunft aus?
Amerikanisches und britisches Englisch werden sich in der Zukunft weiterhin eigenständig entwickeln, aber zugleich auch in einigen Bereichen gegenseitig beeinflussen und einander annähern. Popkultur verbreitet sich rasend schnell und mit ihr auch neue Wörter und Ausdrücke, die beiderseits des Atlantiks aufkommen. In der Folge verschmelzen Elemente beider Varianten des Englischen zu einer globalen Sprache. Die Anpassung von US-amerikanischem Content an britische Kunden ist keine Übersetzung im klassischen Sinne, denn die Zielgruppe versteht das Original bereits. Doch wer sich die Mühe macht, solchen Content an die sprachlichen Gepflogenheiten im Vereinigten Königreich anzupassen, wird mit besseren SEO-Ergebnissen belohnt und hinterlässt dank einem optimierten Benutzungserlebnis zugleich einen guten Eindruck bei britischen Kunden.
Wir bedanken uns bei Andy Jarosz, RWS Moravia Content Strategist, für seinen Beitrag zu diesem Thema.