9 Methoden für eine einfachere E-Learning-Lokalisierung

Lee Densmer 25. März 2020
9 Methoden für eine einfachere E-Learning-Lokalisierung
Ob im Zuge eines Studiums oder einer Berufs­tätigkeit – bestimmt hat jeder schon einmal einen Online-Kurs absolviert, um sich zu bilden. In Zukunft werden dies auch immer mehr Menschen tun: In den nächsten fünf Jahren soll der weltweite E-Learning-Markt auf 325 Milliarden US-Dollar anwachsen. Es ist davon auszugehen, dass dann fast 80 % der Unter­nehmen in den USA Online-Lern­umgebungen nutzen werden. Fakt ist, dass Mitarbeiter, die Schulungen und Kursen in einer Fremd­sprache absolvieren, mehr für den Erfolg tun müssen. Das kann das Gefühl verstärken, weniger wichtig als andere Mitarbeiter zu sein, oder den Eindruck erwecken, das Schulungs­thema sei nicht besonders wichtig. Eine geringere Motivation und höhere Abbruch­raten können die Folge sein. Dennoch beruht die Entscheidung, ob E-Learning lokalisiert werden soll, auf ver­schiedenen Faktoren, zum Beispiel der Wahr­scheinlich­keit eines besseren Return on Investment durch die Schulungs­lokalisierung. Andere zu be­rück­sichtigende Fragen sind aber auch diese: Steht Ihnen für jede Region ein Budget zur Ver­fügung? Wie viel Schulungs­material „bleibt hängen“, wenn sie in jemandes Zweit- oder Drittsprache durchgeführt wird? Natürlich müssen Sie diese Ent­scheidungen sorg­fältig gegen­einander abwägen, doch die lang­fristigen Vorteile im Hinblick auf die Stimmung in der Belegschaft und die Effektivität der Organisation sprechen für sich. Besonders für global agierende Unternehmen ist die E-Learning-Lokalisierung sinnvoll, um sicher­zustellen, dass die Schulungen an jedem Ort Ihres Wirkens greifen. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige Tipps vor, wie Sie den Lokalisierungs­prozess rationalisieren können.

1. Den Quell-Content optimieren

Falls Sie mit einem Sprachdienstleister (LSP) zusammen­arbeiten, tun Sie immer gut daran, ihn so früh wie möglich in die Content-Erstellung einzubinden. Lassen Sie ihn an der Planungs­phase Ihres E-Learning-Projekts teilhaben. Er kann sicherstellen, dass Ihr Content für die Lokalisierung geeignet, also eindeutig und einfach formuliert ist, und nötigenfalls anregen, dass Verweise oder Bilder für die Ziel­kulturen geändert werden müssten.

2. Terminologie ist wichtig

Für jede Art globaler Schulung gilt: Einheit­lichkeit ist Trumpf. Legen Sie gleich zu Beginn stilistische und terminologische Präferenzen fest. Ihr LSP kann Ihnen helfen, eine Liste der Benennungen zusammen­zustellen, die in Ihrem Unter­nehmen bereits ge­bräuchlich sind. Sorgen Sie für terminologisch einheitlichen E-Learning-Content und vermeiden Sie Synonyme für ein und dasselbe Konzept. Um Un­einheitlichkeit zu vermeiden, sollten Sie nur ab­gesprochene Akronyme und Abkürzungen ver­wenden und diese in einem Glossar zum Nach­schlagen anbieten. Ergänzen Sie das Material um Be­nennungen, die nicht übersetzt werden dürfen, und Eigennamen.

3. Lokale Bildsprache und kulturelle Referenzen verwenden

Lokalisierung betrifft nicht nur Texte, sondern auch Bilder. Sie um­fasst das An­passen der Bild­auswahl an die jeweilige Kultur und das Einfügen lokalisierter Screenshots von Apps, Software oder Websites. Wenn Sie beispiels­weise ein Bild Ihrer Unternehmens­zentrale verwenden, sollten Sie auch Ihre Nieder­lassungen zeigen. Zudem müssen Sie Ihre E-Learning-Kurse in den richtigen Kontext einbetten. Dazu gehört, regional motivierte Anpassungen vorzunehmen, das heißt, kultur­spezifische Konzepte und Themen so um­zuwandeln, dass sie besser in die Region passen, in der die Schulung an­geboten werden soll. Länder unter­scheiden sich in ihren Gesetzen, historischen Hintergründen und sozio­politischen Gegeben­heiten stark. Um für die jeweiligen Zielgruppen interessanter und be­greiflicher zu werden, müssen diese Themen unter Umständen umgeschrieben werden. Auch wenn man dabei nach bestem Wissen und Gewissen vorgeht, können Verwirrung und gemischte Ergebnisse die Folge sein.

4. Für flexible Layouts sorgen

Ein Satz ist je nach Sprache unterschiedlich lang. Lassen Sie in Ihrem E-Learning-Content ausreichend Platz für aus­gedehntere Texte und be­rücksichtigen Sie auch die Layout-Anforderungen anderer Schreib­richtungen, zum Beispiel linksläufig im Arabischen oder spalten­förmig im Japanischen. Die Verwendung von Textboxen und Feldern, um Text in separate Abschnitte zu unter­teilen, hat sich ebenfalls bewährt. Verzichten Sie beim Verteilen des Textes auf einer Seite auf Leer­zeichen oder Tab­stopps, anderen­falls kommt es in anderen Sprachen unvermeidlich zu Verschiebungen. Achten Sie auch darauf, dass sämtlicher Text be­arbeitet werden kann. In Bilder eingefügter Text kann von Software nicht für die Über­setzung erfasst werden. Infolgedessen dauert die Arbeit länger und ist unnötigerweise komplexer.

5. Den richtigen kulturellen Kontext wählen

Redewendungen sind ein Alptraum für die Lokalisierung, denn diese haben oft keine direkte Entsprechung in anderen Sprachen. Vermeiden Sie im Ausgangs­text unnötige idiomatische Ausdrücke oder kulturelle Verweise und prüfen Sie den Tonfall des Contents. In manchen Kulturen wird eine informelle Ausdrucks­weise mit mangelnder Professionalität gleichgesetzt. Auch auf Bilder reagieren Menschen kulturell bedingt unter­schiedlich. Lokalisieren Sie sämtliche Symbole, Orte und Menschen in Ihrer Bildsprache. Selbst gängige Metaphern erfordern eine Überprüfung. Straßen­schilder beispiels­weise rufen nicht unbedingt in jeder Sprache dieselben Assoziationen hervor.

6. Multimedia-Content vorbereiten

Durch Übersetzung wird nicht nur schriftlicher Text länger, es erfordert auch mehr Zeit, längere Sätze zu sprechen. Lassen Sie beim Vorbereiten von Video-Content aus­reichend Zeit für längere Texte, anderen­falls klingt das Gesprochene in manchen Sprachen gehetzt. Außerdem lassen sich Videos viel leichter bearbeiten, wenn sie separate Tonspuren für Gesprochenes, Musik und Soundeffekte haben. Auch in Videos müssen Bilder lokalisiert werden, also halten Sie alles, was adaptiert werden muss, in separaten Dateien vor. Die Regel für Bildtexte gilt auch hier, das heißt, der Text sollte nicht im Bild eingebettet, sondern editierbar sein.

7. Mehr aus dem Videobudget herausholen

Video ist die effektivste Methode, um Ihren Nutzern kurzen, produkt­bezogenen Content anzubieten, der das Nutzer­erlebnis verbessert und die Kosten für Live-Support senkt. Viele Unternehmen scheuen die Lokalisierung von Video-Content aufgrund der vermeintlichen Kosten, doch durch einige einfache Kniffe wird sie deutlich erschwinglichere. Anstatt sich für Voiceover zu entscheiden, können Sie beispiels­weise die Übersetzung des Skripts für Unter­titelung ins Auge fassen. Ersetzen Sie Live-Demos durch Animationen, dann können Sie Winkel und Nah­aufnahmen zeigen, die in einem Live-Video unmöglich sind. Bei den richtigen Content-Typen eignen sich kosten­sparende Produktions­methoden sehr gut, um das Potenzial Ihrer Multimedia-Investitionen aus­zuschöpfen, ohne dass sie auf Profi­qualität verzichten oder ein finanzielles Risiko eingehen müssen. Das Produktions­team Ihres LSP berät Sie zu Alternativen für eine erschwingliche Videolokalisierung.

8. Untertitel oder Voiceover?

Mit dem koreanischen Film „Parasite“ hat erstmals ein nicht englischsprachiger Film den Oscar für den besten Film erhalten und so scheint es, als seien Untertitel (im englischsprachigen Raum) plötzlich cool. Tatsächlich deutet die Beliebtheit anders­sprachiger Serien auf Plattformen wie Netflix darauf hin, dass das englisch­sprachige Publikum mittler­weile stärker an Untertitel und Synchronisation gewöhnt ist. Untertitel können Humor effektiver herüberbringen. Außerdem können sie beim Sprachen­lernen helfen, da der Original­dialog zu hören ist, während der Zuschauer die Übersetzung in seiner Sprache mitliest. Allerdings er­laubt es das Voiceover dem Zuschauer, sich auf die Handlung zu konzentrieren, anstatt Text lesen zu müssen. Das ist besser für die Augen. Die Wahl zwischen Untertitelung und Voiceover entscheidet oft das Budget, doch im Idealfall sollte der Zuschauer selbst die Wahl haben. Untersuchungen zeigen, dass eine solche Wahlmöglichkeit ideal ist, um ein möglichst breites Publikum anzusprechen.

9. Maschinelle Übersetzung in Betracht ziehen

Maschinelle Übersetzung (MT) kann die Wirtschaftlichkeit Ihres E-Learning-Projekts entscheidend beeinflussen, allerdings muss sie dafür richtig eingesetzt werden. An dieser Stelle kann es sinnvoll sein, das Konzept der Wirkung auf menschliches Verhalten anzuwenden. Social-Media-Kommentare und Bewertungen auf Produkt-Websites beispielsweise haben eine sehr geringe Wirkung auf menschliches Verhalten. Ihre Zielgruppe muss sich mit dem Content nicht identifizieren. Sie will nur grob den Inhalt kennen, deshalb reicht es, diese Arbeit einer MT-Engine zu überlassen. Am anderen Ende der Skala steht Text, der verfasst wurde, um direkt eine Handlung auszulösen, z. B. Werbung und Vertriebs­material. Solche Texte haben eine starke Wirkung auf menschliches Verhalten und es sollte Menschen überlassen sein, sie für jeden Zielmarkt zu übersetzen, zu trans­kreieren oder von Grund auf neu zu schreiben. Allgemein gesagt befindet sich E-Learning in der Mitte zwischen diesen beiden Polen, das heißt, maschinelle Über­setzung kann den Großteil der Arbeit erledigen. Über­setzer über­prüfen und be­arbeiten den Content nötigenfalls. Bei groß­volumigen Aufträgen kann MT eine viel effizientere Nutzung Ihres Budget darstellen. E-Learning-Lokalisierung ist äußerst sinnvoll für internationale Unternehmen, die ihre Schulungen – egal, ob für Mitarbeiter oder Kunden – einheitlicher und effektiver gestalten wollen. Wenn Sie praktische und individuelle Unterstützung bei Ihrem E-Learning-Lokalisierungsprojekt wünschen, wenden Sie sich gleich an eines unserer Expertenteams.
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Lee Densmer

Lee Densmer ist seit 2001 in der Lokalisierungsbranche tätig. Sie begann als Projektmanagerin und wechselte dann zu Lösungsarchitektur und Marketing-Management. Wie viele Lokalisierungsexperten kam auch sie durch ihr Sprachinteresse und ihre linguistische Ausbildung zu diesem Bereich. Sie hat einen Master-Abschluss in Linguistik von der University of Colorado. Lee Densmer lebt in Idaho und unternimmt gern Auslandsreisen und Ausflüge in die umliegenden Berge.
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