Lokalisierung: lehren, lernen, wachsen

Lee Densmer 06. Aug. 2020
Lokalisierung: lehren, lernen, wachsen

Aktuell verändert sich das Verbraucher­verhalten. Verbraucher werden indi­vidualistischer und fragen zu­nehmend nach An­geboten, die genau auf ihre An­forderungen zu­geschnitten sind. Dementsprechend müssen Unter­nehmen ihren Marketing-Content an unter­schiedliche Kulturen, Ethnien, Lebens­stile und Prä­ferenzen anpassen. Diese Ent­wicklung hat moderner Lo­kalisierung – im Rahmen der glo­balen Ver­breitung von Content – den Weg geebnet.

Priscila Melo ist zu Gast bei Globally Speaking. Sie arbeitet im Be­reich Lo­kalisierung und ist seit vielen Jahren sowohl Lehrerin als auch Sprachen­lernende. Im Podcast spricht sie über die Be­deutung von Sprache im Kontext engerer Kunden­beziehungen zu lokalen Zielgruppen.

Was ist Lokalisierung?

Die Fähigkeit, jeden Einzelnen an­zusprechen, ist un­verzichtbar. Da­durch wird das Kunden­erlebnis ge­stärkt und das inter­nationale Wachs­tum gefördert. Hier kommt Lokalisierung ins Spiel, eine wichtige Tak­tik für global agierende Unter­nehmen, die erfolg­reich sein und ihre Ziel­gruppen besser an­sprechen wollen. Sie sorgt für eine engere Kunden­beziehung in lokalen Märkten und fördert die Kommunikation mit der Ziel­gruppe, sodass diese für be­stimmte Bot­schaften em­pfänglicher wird. Lokalisierte Kommunikation be­rück­sichtigt die Kultur vor Ort. Priscila Mello erläutert die Vor­teile regional­spezifisch maß­geschneiderter Geschäfts­strategien, die lokalen Kunden das Ge­fühl ver­mittelt, der Content wäre ex­klusiv für sie er­stellt worden. Auf diese Weise können Marken wichtige Bot­schaften ver­mitteln und das Ver­hältnis auch in inter­nationalen Nischen­märkten festigen.

Die Methode

Durch Lokalisierung können Unter­nehmen einzelne Kulturen besser be­rücksichtigen. Mello meint, Marken könn­ten besser auf die re­gionalen Unter­schiede des globalen Markts eingehen, wenn sie alle Content-Aspekte an­passen – von der Sprache über Farb­psychologie bis zur Bild­sprache. Kurzum: Ein Unter­nehmen muss den in sich stimmigen Ver­such machen, so viel wie mög­lich über seinen Kunden­stamm heraus­zufinden, sodass es dann den Content an­passen und einen besseren Service bieten kann.

Lost in translation

Bei der inter­nationalen Bereit­stellung von Pro­dukten und Content ist Sprache der wichtigste zu berück­sichtigende Aspekt. Ein gängiger Irrtum sei, dass die ein­fache Über­setzung von Content aus­reiche, „doch Sprache ist wandel­bar, nicht statisch“, erklärt Mello. Nur die Worte aus­zutauschen, endet leider häufig damit, dass der Kontext ver­loren geht. Ein Beispiel ist KFC. Als das Unter­nehmen in den 1980-er Jahren in den chinesischen Markt ein­stieg, platzierte es seine be­währte Tagline „It’s finger lickin’ good“ (sinngemäß „Zum Finger­ablecken gut“) im ganzen Land. Später er­kannte das Unter­nehmen, dass die chinesische Über­setzung als „Finger abbeißen“ ver­standen wurde. Das Essen war zwar lecker, aber diese Assoziation wollte man dann doch nicht. Mello erläutert, dass die sinn­gemäße Über­tragung eines Aus­drucks oder Satzes nicht immer ein­fach ist, weil Kulturen nun einmal nicht deckungs­gleich sind. Im Grunde gehe es darum, bei der Ziel­gruppe dieselbe Reaktion aus­zulösen wie im Ursprungs­markt, wenn diese den Content in ihrer Sprache und ein­gebettet in ihre Kultur liest.

Farbpsychologie

Oberflächlich betrachtet, sind Farben länder-, sprach- und kultur­übergreifend gleich. Allerdings inter­pretieren und be­werten wir sie mit­unter unter­schiedlich. Deshalb müssen Marken die Be­deutung ihrer Farben in den einzelnen Ziel­regionen kennen, denn sie hat Einfluss auf die Marken­wahrnehmung bei Verbrauchern. Zum Beispiel „hat die Farbe Grün von Kultur zu Kultur sehr unter­schiedliche Be­deutungen“, erklärt Mello. In den meisten Fällen steht sie für Wohl­stand, die Umwelt und Wohl­befinden, doch in Südamerika kann sie auch für den Tod stehen. Bei anderen Farben in anderen Teilen der Welt ist das ähnlich. Die Farben in Ihrem Content könnten wo­möglich als schlechte Omen an­gesehen werden oder im Aber­glauben ver­ankert sein, deshalb müssen Sie die Ziel­gruppe um­fassend kennen und genau wissen, wie Ihre Marke oder Ihr Produkt wahr­genommen werden soll.

Bildsprache

Der Schwerpunkt liegt auf der ver­balen Kommu­nikation, da kann die Be­deutung der Bild­sprache schon einmal zu kurz kommen. Oft kon­zentrieren Marken ihre Be­mühungen auf die Text­optimierung, lassen bei den Bildern aber nicht dieselbe Sorg­falt walten. Mello skizziert die Gründe, wes­halb Marken die Lebens­stile und An­sichten jeder Ziel­region be­rück­sichtigen müssen, wenn sie ihr Kunden­erlebnis auf internationale Füße stellen. Sie weist darauf hin, wie wichtig es ist, Bilder passend zur markt­spezifischen Situation auszuwählen. So tun sich Unter­nehmen keinen Ge­fallen, die in Saudi-Arabien mit Bildern werben, auf denen Alkohol zu sehen ist. Schließlich seien in diesem Land alkoholische Ge­tränke ver­boten, erläutert Mello. Und die Regierung Dubais wird Kam­pagnen mit weiblichen Models sofort zen­sieren, denn die Zur­schau­stellung weiblicher Körper läuft den religiösen und traditionellen Moral­vorstellungen der Region zuwider. Lokalisierung bedeutet auch, dass Unter­nehmen vor dem Markt­einstieg eine Markt­analyse durch­führen sollten. Dies steigert die Erfolgs­chancen der Marke, zeigt aber auch den Willen, die kulturellen Kon­ventionen des Ziel­landes und der Ziel­gruppe zu berücksichtigen.

Lokalisierung: gut fürs Geschäft, gut für die Kundenbeziehung

Mello zufolge führt um die Lokalisierung kein Weg herum – sie ist eine not­wendige Voraus­setzung für den Erfolg in inter­nationalen Märkten. Unter­nehmen müssen zunächst ein Ver­ständnis für die Er­wartungen ihrer lokalen Ziel­gruppen ent­wickeln und auf­bauend darauf ihre Kommunikation an­passen. Dies gilt für Sprache gleicher­maßen wie für Farben oder Bild­sprache – keines dieser Details darf außer Acht ge­lassen werden, wenn eine Marke vor Ort erfolg­reich sein will. Lokalisierung könne sogar ausschlag­gebend für den Erfolg oder Miss­erfolg sein, schließt Mello ab. Hören Sie sich hier die ganze Folge unseres Podcasts Globally Speaking an – die zudem die 100. ist –, wenn Sie weitere Details des hoch­interessanten Ge­sprächs mit Priscila Mello er­fahren möchten. Mello geht darin u. a. auf die Be­deutung der Lokalisierung auf Kunden­beziehungen und auf Erfolgs­methoden in inter­nationalen Märkten ein. Wenn Sie über künftige Folgen auf dem Lau­fenden bleiben möchten, können Sie den Pod­cast auch abonnieren. Globally Speaking wird in eng­lischer Sprache produziert.
Lee Densmer
AUTOR

Lee Densmer

Lee Densmer ist seit 2001 in der Lokalisierungsbranche tätig. Sie begann als Projektmanagerin und wechselte dann zu Lösungsarchitektur und Marketing-Management. Wie viele Lokalisierungsexperten kam auch sie durch ihr Sprachinteresse und ihre linguistische Ausbildung zu diesem Bereich. Sie hat einen Master-Abschluss in Linguistik von der University of Colorado. Lee Densmer lebt in Idaho und unternimmt gern Auslandsreisen und Ausflüge in die umliegenden Berge.
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