Immer mehr Unternehmen weiten heutzutage ihre Präsenz auf globale Märkte aus, dementsprechend werden Übersetzungen immer wichtiger. Internationaler Erfolg setzt eine effektive Kommunikation mit Partnern, Mitarbeitern und Kunden über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg voraus.
Allerdings steht die derzeit noch stark auf manuellen Prozessen basierende Übersetzungsbranche vor einer großen Veränderung, da der technische Fortschritt immer leistungsfähigere und zuverlässigere Prozesse der maschinellen Übersetzung (MT) ermöglicht.
Alex Zekakis, Global Solutions Architect Manager bei XTM International und Gast im Podcast Globally Speaking Radio, arbeitet seit elf Jahren in der Lokalisierungsbranche. Er nutzt seine Erfahrung in den Bereichen Technologie, Kommunikation und Projektmanagement, um Lösungen für Kunden zu entwickeln, die Content lokalisieren.
Der Aufstieg der maschinellen Übersetzung
Maschinelle Übersetzung ist durchaus kein neues Phänomen – schon 1954 wurde sie erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Das damals noch rudimentäre System war zwar auf einen Übersetzungsumfang von gerade einmal 250 Wörtern beschränkt, dennoch stieß es Jahrzehnte der Forschung zu voll automatisierter Kommunikation an.
Zurück ins Hier und Jetzt: Mittlerweile führt um das Thema maschinelle Übersetzung kein Weg mehr herum. Selbst der früher unzuverlässige Google Übersetzer liefert längst keine hölzernen wörtlichen Übersetzungen mehr, sondern präzise Ergebnisse, die Benutzern in aller Welt weiterhelfen.
„Das Besondere an der Übersetzungsbranche ist, dass sie im Großen und Ganzen anderen Trends folgt. Wir sind stark von der Entwicklung anderer Branchen beeinflusst. Und wir greifen diese Trends ziemlich schnell auf“, erläutert Zekakis. Als beispielsweise Unternehmen begannen, auf Cloud Computing umzusteigen, folgte die Übersetzungsbranche auf dem Fuß.
Zekakis: „Wer neue Technologie einführt, führt eine neue Maschine ein. Das gilt umso mehr im Bereich der maschinellen Übersetzung.“
Viele Übersetzungsfirmen und globale Unternehmen nutzen heute automatisierte Übersetzungstools, und dafür gibt es mehrere gute Gründe.
Die Vorteile der maschinellen Übersetzung
In der Geschäftswelt steigt die Nachfrage nach Übersetzungen exponentiell, und diese gewaltigen Text- und Datenmengen übersteigen schlicht die Kapazitäten menschlicher Übersetzer. Der größte Vorteil der maschinellen Übersetzung liegt somit klar auf der Hand: Es ist die Effizienz, mit der sie Ergebnisse liefert.
„Wenn ein Mensch 2.000 Wörter am Tag schafft und eine MT-Engine 100.000, dann bräuchte man für dasselbe Volumen 50 menschliche Übersetzer“, so Zekakis. „So viele Übersetzer ließen sich wohl kaum auftreiben, von den Kosten ganz zu schweigen.“
Diese deutliche Produktivitätssteigerung durch automatisierte Übersetzung ist für viele Unternehmen ein schlagendes Argument. Dadurch lassen sich Übersetzungen in viele Sprachen in Echtzeit bewältigen und zugleich Kosten und Vorlaufzeiten reduzieren. Hinzu kommt, dass sich professionelle Übersetzer in der Regel auf ein bestimmtes Gebiet spezialisieren, wohingegen die maschinelle Übersetzung alles anbieten kann.
Allerdings sollte man die maschinelle Übersetzung als langfristige Investition betrachten. Die Kosten mögen zunächst einmal beträchtlich sein, zahlen sich jedoch mehr als aus. Mit der Zeit kann die MT-Engine so trainiert werden, dass sie immer bessere und textübergreifend einheitlichere Ergebnisse liefert.
Die Ängste menschlicher Übersetzer
Angesichts der kontinuierlichen Automatisierungsfortschritte stellt sich natürlich die Frage, welche Auswirkungen dies für menschliche Übersetzer haben wird und ob eine Maschine jemals einwandfreie Ergebnisse liefern kann. Denn trotz aller Qualitätssprünge ist MT noch weit davon entfernt, menschlichen Übersetzern das Wasser zu reichen.
Alex Zekakis schätzt die Lage wie folgt ein: „Die Mensch-gegen-Maschine-Debatte ist meiner Meinung nach nichtig. Ich gehe nicht davon aus, dass Menschen durch Maschinen ersetzt werden. Ich denke eher, dass Maschinen ihren Beitrag zur Unterstützung des Menschen leisten werden.“
Schon während seiner Zeit als Dozent für Technische Kommunikation und Lokalisierung an der Universität Straßburg befasste sich Zekakis mit dieser Frage. Naheliegenderweise hinterfragten seine Studierenden ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Zekakis erwiderte, dass keine Branche jemals vollständig automatisiert werden könne – dies ist schlicht nicht möglich.
„Berufe sind glücklicherweise anpassungsfähig. Wer früher auf eine bestimmte Art und Weise übersetzt hat, muss nun eine andere Art des Übersetzens lernen. Aber überflüssig wird dadurch niemand. Menschen werden immer Teil des Prozesses sein.“
Automatisierte Fabriken brauchen immer noch Vorarbeiter, autonome Fahrzeuge verlangen nach wie vor Zuarbeit durch Menschen, und maschinelle Übersetzungsprojekte werden auch künftig nicht ohne Linguisten auskommen. Sprache ist einfach zu komplex und vieldeutig, zudem gibt es keine sprachliche Regel ohne Ausnahme. Hinzu kommen kulturelle Nuancen, die jede künstliche Intelligenz vor gewaltige Herausforderungen stellen.
Übersetzer finden derweil neue Aufgaben als Post-Editoren. Mit ihren wertvollen Beiträgen verbessern sie die MT-Ausgabe, was die maschinelle Übersetzung für Unternehmen noch attraktiver und kostengünstiger macht.
Alex Zekakis zufolge sind maschinelle Übersetzung und Human-Übersetzung keine Frage des Entweder-Oder, vielmehr geht es um ein Zusammenspiel beider, um qualitativ hochwertigere Resultate zu erzielen. Wer also glaubt, er müsse sich zwischen beiden entscheiden, liegt völlig falsch.
„Es besteht die Aussicht auf eine enge Zusammenarbeit von Mensch und Maschine“, betont Zekakis.
Die Zukunft: Zusammenarbeit von Mensch und Maschine
Eine effektive Übersetzung von Content für eine globale Zielgruppe setzt voraus, dass maschinelle Übersetzung und menschliche Beiträge nahtlos ineinandergreifen. Unternehmen sollten sich bewusst machen, dass hier zwei sehr unterschiedliche Aspekte zu beachten sind: MT-Engines übersetzen große Textmengen mit beispielloser Effizienz, aber Menschen sind in der Lage, den Kontext richtig zuzuordnen und Botschaften empathisch zu deuten.
„Als Grundvoraussetzung sollten wir uns darauf einstellen, dass sich die Branche kontinuierlich verändern wird, und bereit sein, flexibel dazuzulernen. Kein Prozess in dieser Branche ist in Stein gemeißelt. Die Branche ist noch recht jung, dementsprechend können wir ihr ganzes Potenzial noch nicht einschätzen. Wir sollten jedoch auf unsere Anpassungsfähigkeit vertrauen.“
Die eindrucksvollen Fortschritte, die die maschinelle Übersetzung im Laufe der Zeit gemacht hat, legen nahe, dass es auch in den kommenden Jahrzehnten weitere große Neuerungen geben wird. Was auch immer die Zukunft bringen mag, die voranschreitende Automatisierung wird menschliche Übersetzungsfähigkeiten immer nur ergänzen, aber nicht infrage stellen oder ersetzen können. Gleichzeitig werden globale Unternehmen von einer besseren Übersetzungsqualität und optimierten Lokalisierungs-Workflows profitieren.
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